Helicobacter bei der Katze – Ein Zoonoseerreger für den Menschen

Spurensuche einer freien Forscherin:

Anhand dieses Beispiels möchte ich aufzeigen, wie schwierig es ist, Aussagen über einen Erreger zu treffen, ohne sich dabei zu weit aus dem Fenster zu lehnen.

Probenmaterial: venöses Blut in BukoVitaN®, eine Nacht im Kühlschrank gelagert

Tierart: weibliche Katze (Kätzin)

Alter: unter einem Jahr

Ergebnis:

Es befanden sich in der Probe sehr ähnliche Organismen, die sich aktiv bewegten und von mir noch nie zuvor ist einer Probe entdeckt worden waren.

Morphologie: ist ein ca. 0,6μm breites und 5-7μm langes, kommaförmiges, wenig gewundenes, bewegliches Stäbchen.

Unipolar (an einer der kurzen Seite) ist es im Besitz von Geißeln, ohne die Anzahl benennen zu können.

Häufig kommaförmig, zum Teil zwei Windungen

Vermutlich: mikroaerophil- anaeorob

Bewegung: Bewegung sowohl bei +8°C, +21°C und bei 39,4°C

Diskussion: Die Morphologie entspricht am ehestens Helicobacter pylori, da unipolar die Flagellaten ansetzen. Allerdings spricht die Größe von mehr als 5 µm eher für Helicobacter felis oder heilmannii, was aber nicht passt, weil diese Erreger an beiden Polen Flagellaten besitzen. So bleibt die Frage offen um was es sich handeln könnte. Auch ist der Bezug zum Blutkreislauf fragwürdig.

Kritisches Hinterfragen

Aus dieser ersten Beurteilung ergeben sich also ein paar Fragen:

  1. Bekommen Katzen Helicobacter pylori?
  2. Um welchen Helicobacter könnte es sich auf Grund der Zellgröße und Sitz der Flagellaten am ehesten handeln?
  3. Können Helicobacter in den Blutkreislauf gelangen?

 

Nun folgte die Recherche in der Literatur

Um die ersten beiden Fragen zu klären, benutzte ich eine Doktorarbeit:

Untersuchungen zum Vorkommen von Helicobacter-ähnlichen Bakterien beim Schwein unter besonderer Berücksichtigung pathophysiologischer Befunde; INAUGURAL-DISSERTATION; Tierärztliche Hochschule Hannover; Vorgelegt von Antje Küblböck aus Erlabrunn/Sachsen

 

Zitat:

„Helicobacter pylori ist ein gramnegatives, gebogenes oder mit maximal 3 Windungen leicht spiralförmiges Bakterium mit abgerundeten Enden und einer Länge von 2,5 – 4,0 μm und 0,5-1 μm Breite. Es besitzt 2-6 unipolar angeordnete Flagellen, die von einer Flagellenhülle umgeben sind (GOODWIN u. ARMSTRONG 1990). Allerdings konnte nachgewiesen werden, dass Helicobacter pylori in der Lage ist, unter bestimmten Kulturbedingungen, die Morphologie von Helicobacter heilmannii anzunehmen (FAWCETT et al. 1999).

Da Helicobacter pylori außer beim Menschen auch bei Hauskatzen (HANDT et al. 1994), Rhesusaffen (DRAZEK et al. 1994) und anderen Makaken (REINDEL et al. 1999) nachgewiesen werden konnte, und auch in Seren von Kälbern und Schweinen Antikörper gegen dieses Bakterium gefunden wurden (SEIDEL et al. 1996), wird angenommen, dass es sich bei der Infektion um eine Zoonose handelt. Es ist dabei sehr wahrscheinlich, dass sich sowohl Katzen beim Menschen infizieren können als auch umgekehrt, da bei freilebenden Katzen ohne Kontakt zu Menschen kein Helicobacter pylori nachgewiesen werden konnte (EL-ZAATARI et al. 1997). Die Vertreter der Gattung Helicobacter sind gramnegative, mikroaerophile Bakterien. Morphologisch unterscheiden viele Autoren die kürzeren, ca. 2,5-5 μm langen wenig gewundenen „Helicobacter-pylori-like“ und die mit ca. 5-10 μm wesentlich längeren spiralig gewundenen Helicobacter heilmanii ähnlichen Bakterien, die oft auch als Gastrospirillen bezeichnet wurden.“

 

Quellen:
FAWCETT, P., K.M. GIBNEY u. K.M.B. VINETTE (1999) Helicobacter pylori can be induced to assume the morphplogy of Helicobacter heilmannii. J. Clin. Microbiol. 37, 1045-1048
GOODWIN, C.S. u. J.A. ARMSTRONG (1990) Microbiological aspects of Helicobacter pylori (Camphylobacter pylori) Eur. J. Clin. Microbiol. Infect. Dis. 9, 1-13
HANDT, L.K., J.G. FOX u. F.E. DEWHIRST (1994) Helicobacter pylori isolated from the domestic cat: public health implications. Infect. Immun. 62, 2367-2373
DRAZEK, E.S., A. DUBOIS u. R.K. HOLMES (1994) Characterization and presumptive identification of Helicobacter pylori isolates from rhesus monkeys. J. Clin. Microbiol. 32, 1799-1804
REINDEL, J.F., A.L. FITZGERALD, M.A. BREIDER, A.W. GOUGH, C. YAN, J.V.
MYSORE u. A. DUBOIS (1999) An epizootic of lymphoplasmatic gastritis attributed to Helicobacter pylori infection in cynomolgus monkeys (Macaca fascicularis). Vet. Pathol. 36, 1-13
SEIDEL, K.E., J. KAMPSCHULTE, N. LEHN u. J. BAUER (1996) Helicobacter pylori Antikörper in Antiseren von Schweinen und Kälbern. Berl. Münch. Tierärztl. Wschr. 109, 1-6
EL-ZAATARI, F.A., J.S. WOO, A. BADR, M.S. OSATO, H. SERNA, L.M. LICHTENBERGER, R.M. GENTA u. D.V. GRAHAM (1997) Failure to isolate Helicobacter pylori from stray cats may be an anthropozoonosis – an animal infection with a human pathogen. J. Med. Microbiol. 46, 372-376

Zur Klärung der Frage, ob Helicobacter pylori auch in den Blutkreislauf gelangen kann, fand ich Folgendes…

 

In der folgenden Veröffentlichung geht es um die Adhärenz (von adhaerere = anhängen) von H. pylori an Erythrozyten in Kapillaren und postkapillaren Venen in der Magenschleimhaut von infizierten Menschen und Rhesusaffen

„Helicobacter pylori kann vom Magen in die Blutbahn gelangen. Die Bakterien könnten so entzündliche Krankheiten wie Rheuma oder Atherosklerose begünstigen.
H. pylori heftet sich dabei mit dem besonderen Protein (
SabA-Protein) an die Zuckerstrukturen auf den roten Blutkörperchen, mit dem sich der Keim auch in der Magenwand verankert. Befindet sich das Bakterium in der Blutbahn, so könnte es zu entzündlichen Erkrankungen mit bisher unklarer Ursache beitragen, vermuten Dr. Marina Aspholm und ihre Kollegen. So könnte es Arthritis und Arteriosklerose mitverursachen.
Da die Zellen der Magenschleimhaut und die verschiedenen Helicobacter-Stämme unterschiedliche Eigenschaften und Oberflächen haben, seien nicht alle Menschen gleichermaßen betroffen. Bei einigen heftet sich der Keim besser an die Schleimhautzellen als bei anderen. Ähnliches könnte auch gelten, wenn das Bakterium in die Blutbahn gelangt und so andere Zellen, wie etwa die Gelenke, erreicht.“

Quelle:
SabA Is the H. pylori Hemagglutinin and Is Polymorphic in Binding to Sialylated Glycans
Marina Aspholm, Farzad O Olfat, Jenny Nordén, Berit Sondén, Carina Lundberg, Rolf Sjöström, Siiri Altraja, Stefan Odenbreit, Rainer Haas, Torkel Wadström, Lars Engstrand, Cristina Semino-Mora, Hui Liu, André Dubois, Susann Teneberg, Anna Arnqvist, Thomas Borén. Research Article | published 27 Oct 2006 PLOS Pathogens

 

Dies führte mich zu einer weiteren Überlegung

Wenn Heliocobacter in den Blutkreislauf gelangt, sind dann womöglich stechende Insekten die Überträger?

Der oft angesprochene mögliche Übertragungsweg sieht momentan so aus, dass Helicobater vermutlich mit dem Kot ausgeschieden wird und dann durch Schmeißfliegen, die über den Kot laufen und später ihre Fußabdrücke mit dem Erreger auf dem nächsten Mittagessen hinterlassen, so dass eine orale Aufnahme stattfinden könnte.

Jedoch bleibt eines dabei unklar, denn ich habe keine Literatur mit einem Direktnachweis auf Helicobacter in Speichel- oder Stuhlproben gefunden, lediglich Antikörpertests oder DNA-Reste werden in Stuhlproben gefunden (soweit mir bekannt).

Schlussworte

Auch wenn am Ende einer langen Recherche die Möglichkeit gefunden wurde, dass Katzen Helicobacter pylori bekommen können, dass trotz der etwas längeren Maße es trotzdem Helicobacter pylori sein könnte und auch zuletzt noch der Hinweis, dass Helicobacter pylori auch in den Blutkreislauf gelangen kann, so bleibt es trotzdem eine Mutmaßung.

 

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